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Der Grund, warum Red Bull immer gewinnt, hat einen Namen: Adrian Newey

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Adrian Newey hat in seiner Karriere schon 13 WM-Titel gewonnen.Bild: www.imago-images.de

Der Weltmeister-Macher – er ist der Grund, warum Red Bull die Formel 1 dominiert

Der 64-jährige Brite Adrian Newey gilt als das grösste Design-Genie der Formel 1. Wer ist der Mann, der mit 13 Mal so viele WM-Titel geholt hat wie kein anderer?
09.07.2023, 09:4209.07.2023, 09:42
Daniel Vizentini / ch media
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Wenn Max Verstappen dieses Jahr wieder nahezu konkurrenzlos auf seinen dritten WM-Titel in Folge zusteuert, dann hat er dies nicht nur seinem unbestrittenen fahrerischen Können zu verdanken, sondern auch seinem überlegenen Auto. Und hinter diesem für alle unerreichbar scheinenden Red Bull steht Adrian Newey (64), Ingenieur, und als absolutes Design-Genie bekannt.

In den Vordergrund tritt der Brite eher selten. Zuletzt nahm er es sich aber nicht, beim Grand Prix von Kanada auf dem Siegerpodest zu stehen. Schön anzu­sehen war die Szene, weil es plötzlich vier Kolosse der Formel-1-Geschichte gemeinsam auf ein Foto schafften: Mit Newey ­standen da Max Verstappen, Fernando Alonso und Lewis Hamilton, die elf Fahrer-WM-Titel vereinen. Der Siegreichste auf diesem Foto ist aber Adrian ­Newey, der alleine 13 WM-Titel als Chef-Designer auf seinem Konto hat.

FORMULA 1 AWS GRAND PRIX DU CANADA 2023 / 19.06.2023, Circuit Gilles-Villeneuve, Montreal, FORMULA 1 AWS GRAND PRIX DU CANADA 2023 , im Bild Podium: Sieger Max Verstappen NLD, Oracle Red Bull Racing,  ...
Newey auf dem Podest mit den lebenden Formel-1-Legenden.Bild: www.imago-images.de

Gewonnen haben die von ihm entworfenen Rennwagen natürlich nicht immer, ist er doch seit den 1980er-Jahren in der Formel 1 mit dabei. Doch stets haben sie Innovationen eingebracht, die später zur Norm wurden. Adrian Neweys Genialität kommt dabei nicht über grosse, augenfällige Änderungen am Auto zum Vorschein. Seine Stärke liegt vielmehr in der Fähigkeit, den Blick für das Ganze zu bewahren und viele ausgeklügelte Finessen in einem zusammenhängenden System funktionieren zu lassen.

Der als bodenständig, gegen aussen ruhig und ausgeglichen beschriebene Newey geht dabei so vor, wie sein Charakter wahrgenommen wird: Er setzt auf eine solide Grundlage, die wesentlichen Dinge am Auto müssen stimmen. Auf dieser soliden Basis entwickelt er dann kreativ neue, auch ausgefallene Lösungen, immer aber auf höchste Effizienz bedacht. Dabei lässt er sich hartnäckig nicht beirren: Frank Williams, sein Boss während den ersten WM-Titeln in den 1990er-Jahren, soll Newey einst als die ehrgeizigste Person bezeichnet haben, die er je kennen gelernt hat - was viel heisst in einem Sport, in dem sowieso alle immer die Besten sein wollen.

Aus unterlegener Position das Beste herausgeholt

Einen anderen, humorvollen Satz, der viel über Newey aussagt, brachte sein aktueller Chef bei Red Bull ein: «Adrian ist der einzige Mensch, der Luft sehen kann», sagte Christian Horner und meinte dabei Neweys Gabe, Potenzial für aerodynamische Details zu erkennen, das sonst keiner sieht. In einer Zeit, in der die Formel 1 die Topteams mit Kostenobergrenze und beschränkter Windtunnelzeit zu bremsen versucht, macht Adrian Newey deshalb aktuell den Unterschied. «Die FIA gab Red Bull weniger Windtunnelzeit, vergass aber, dass Newey einen Windtunnel in seinem Kopf hat», kommentierte ein Fan ein Video über ­Newey treffend auf Youtube.

Adrian Newey – das Genie.Video: YouTube/Driver61

Unter Einschränkungen machte Newey schon ganz zu Beginn seiner Karriere den Unterschied. Das erste Auto, das er in der Formel 1 entwarf, war der March von 1988. Die damaligen Topteams hatten schwere, dafür sehr starke Turbomotoren. Um das Auto auch in Kurven auf dem Boden zu halten, setzten sie einfach uninspiriert auf riesige Flügel. Newey hingegen musste aus dem kleinen March-Team mit dem viel schwächeren Saugmotor einfach das Bestmögliche herausholen. So entwarf er ein leichtes, filigranes, hocheffizientes Auto, und spielte intelligent die Stärken des vermeintlich Schwächeren aus.

In der damals von McLaren mit Alain Prost und Ayrton Senna dominierten Saison war der March von Adrian Newey das schnellste Auto unter denjenigen ohne Turbomotor. Fahrer Ivan Capelli, zuletzt Kommentator beim italienischen Fernsehsender Rai, schaffte in dem Jahr zwei Podestplätze und führte das Rennen in Japan gar zwischenzeitlich an. Es war das erste Mal in fünf Jahren, dass dies einem Auto mit Saugmotor wieder gelungen war.

Hier fährt Adrian Newey seinen alten March-Boliden gleich selbst.Video: YouTube/Oracle Red Bull Racing

Titel mit Williams, McLaren und Red Bull

Die glorreichen Jahre folgten für Adrian Newey dann ab den 1990ern. Mit dem Williams von 1992 schuf er das vielleicht bis heute dominierendste Auto der Formel-1-Geschichte. In einer Saison, die normal bis Ende Jahr dauert, konnte Fahrer Nigel Mansell bereits Mitte August punktemässig nicht mehr eingeholt werden und wurde Weltmeister. Mit Williams gewann Newey noch vier weitere WM-Titel, ehe er zu McLaren wechselte und dort gleich in seiner ersten Saison den Titel holte.

Der Williams FW14B von 1992, das bis heute wohl dominierendste Auto der Formel 1.Video: YouTube/Goodwood Road & Racing

Neweys Kreationen sollten in den 2010er-Jahren wieder aufblühen, als er in der Ära von Sebastian Vettel vier Titel in Folge für Red Bull gewann. Aktuell fährt Max Verstappen mit Neweys Auto Rennsiege und Titel ein. Zwischen den beiden liegen zwar zwei Generationen. Doch im kompromisslosen Siegesehrgeiz, der aber emotional eher nüchternen Art gegen aussen, ähneln sich die beiden ziemlich.

Sieben Fahrer, völlig unterschiedlich in ihrer Art, haben mit von Adrian Newey entworfenen Formel-1-Autos WM-Titel gewonnen. Neweys grösster Schmerz, wie er immer wieder darlegte, war aber, dass das Idol Ayrton Senna ausgerechnet in einem seiner Boliden tödlich verunglückte.

Nach dem Rentenalter künftig in der Automobilindustrie?

Adrian Newey wird im Dezember 65 Jahre alt und macht sich Gedanken um seine Zukunft. Vielleicht sollte er sich ein Hobby aussuchen, doch dann würde es ihm bestimmt schnell langweilig, sagte er gegenüber «The Race» in einem seiner seltenen Interviews. Möglich wäre, dass seine geniale Einsichten dereinst dem Strassenverkehr zugutekommen - und damit wohl uns allen: «Ich habe den Eindruck, dass sich die Automobilindustrie in die falsche Richtung entwickelt», sagte Newey. Elektroautos seien zu gross und zu schwer, dass jetzt gar E-SUVs geschaffen würden, mache für ihn überhaupt keinen Sinn.

Viel lieber würde er auf Effizienz setzen, gerade weil es bei der E-Mobilität ja um das Sparen von Ressourcen gehen sollte. Da könnte er einen Beitrag leisten. Ähnlich wie damals in den 1980er-Jahren, als er, anders als die Topteams mit ihren schweren Autos, eine leichte und intelligente Lösung entwarf. Oder wie heute mit dem Red Bull, der diesen Sonntag auf der englischen Traditionsstrecke in Silverstone eindeutiger Siegesfavorit ist – designed by Adrian Newey.

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quelle: keystone / mark thompson
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